Mann mit Kopfhörern vor einem Laptop

Inhaltsverzeichnis

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    Alles, was Sie über Tinnitus wissen sollten

    Das Phänomen der sausenden Ohren kennen viele. Einen Tinnitus als Rauschen, Pfeifen, Zischen oder Brummen kennen die meisten. Fast jeder fünfte Deutsche hatte einmal einen chronischen Tinnitus, war also länger als 3 Monate am Stück betroffen. Besonders zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr beginnen die Symptome. Bei uns erfahren Sie alles zum Thema Tinnitus: Ursachen, Formen, Symptome und Methoden zur Behandlung.

    Formen von Tinnitus

    Wie der Tinnitus vom Patienten wahrgenommen wird, ist stark unterschiedlich. Das Sausen in Ihren Ohren kann entweder rhythmisch oder konstant sein. Als Betroffener empfinden Sie diese Symptome in unterschiedlicher Lautstärke. Es können noch weitere sekundäre Symptome daneben als Begleiterscheinung auftauchen. Begleiterscheinungen sind:

    • Konzentrationsstörungen
    • Kopfschmerzen
    • Schlafprobleme

    Grundsätzlich kann man den Tinnitus in seiner Dauer und seiner Art unterscheiden. Man betrachtet den Zeitraum vom ersten Aufkommen der Ohrgeräusche, bis zum Abklingen der Symptome. Eine Dauer von bis zu 3 Monaten bezeichnet man als akuten Tinnitus, alles darüber hinaus als chronischen Tinnitus.

    Darüber hinaus gibt es zwei Arten.

    • objektiver Tinnitus: Dem objektiven Tinnitus liegt eine tatsächlich messbare Schallquelle (z.B. gefäßbedingte, muskulärbedingte oder atemabhängige Geräusche) in der Nähe des Innenohrs zugrunde. Dies tritt nur sehr selten auf.
    • subjektiver Tinnitus: Der subjektive Tinnitus (Tinnitus aurium) hat keine Schallquelle im Körperinneren, trotzdem wird von dem Betroffenen aufgrund einer fehlerhaften Informationsverarbeitung des Gehörs ein Ton bzw. Geräusch wahrgenommen. Diese Form des Tinnitus tritt wesentlich häufiger auf.

    Ursachen

    Die Gründe für einen Tinnitus sind sehr vielfältig. Bei vielen Patienten kann jedoch keine klare Ursache nachgewiesen werden.

    Der objektive Tinnitus

    Der objektive Tinnitus kann von anderen Menschen gehört bzw. mit sehr empfindlichen Mikrofonen gemessen werden. Es handelt sich hierbei um Strömungsgeräusche von Blutgefäßen durch Verengungen (pulsierendes Geräusch) oder klickende Töne, die durch unwillkürlich zuckende Bewegungen der Muskulatur im Mittelohr oder Gaumen entstehen. Andere Ursachen können Herzklappenerkrankungen, Blutarmut (Anämie), eine offene Tube (die Verbindung zwischen Mittelohr und Nasen-Rachen-Raum) oder ein gutartiger Tumor im Bereich der Kopfschlagader (Glomustumor) sein.

    Der subjektive Tinnitus

    Der subjektive Tinnitus wird nur von dem Betroffenen selbst gehört und ist nicht mit Mikrofonen messbar. Seine Entstehung ist bislang nicht vollständig erklärbar. Fachleute gehen davon aus, dass geschädigte Haarzellen oder fehlgeschaltete Nervenbahnen falsche Signale an das Hirn weitergeben. Eine andere Störungsquelle kann direkt im Hörzentrum entstanden sein, so dass die übermittelten Informationen des Hörnervs richtig ankommen, aber falsch verarbeitet werden.

    Mögliche Ursachen und Begleiterkrankungen

    • Verknöcherung im Übergang zwischen dritten Hörknöchelchen (Steigbügel) und Innenohr (Otosklerose)
    • Mittelohrentzündungen
    • Innenohrentzündungen
    • Tubenfunktionsstörungen
      • Als Tube bezeichnet man die Verbindung zwischen Mittelohr und Nasen-Rachen-Raum
    • Mangelnde Durchblutung des Innenohrs
    • Trommelfelldefekt
    • Verschluss des Gehörgangs durch Ohrenschmalz oder Fremdkörper
    • Perilymphfisteln

    Weitere mögliche Ursachen:

    Schwerhörigkeit

    Vererbte, erworbene oder altersbedingte Schwerhörigkeit kann von einem Tinnitus begleitet sein.

    Akustikusneurinom

    Dieser gutartige Tumor quetscht den Hörnerv. Er kann neben einem Tinnitus Schwindel und vermindertes Hören verursachen.

    Morbus Menière

    Morbus Menière ist ein Drehschwindel, der in Anfällen auftritt. Während eines Anfalls leidet der Betroffene in der Regel unter einem tieftonigen Geräusch sowie Schwerhörigkeit.

    Funktionsstörungen der Halswirbelsäule

    Veränderungen oder Blockaden insbesondere an den drei obersten Gelenken der Halswirbelsäule sind möglich, werden aber als Ursache kritisch diskutiert.

    Zahn-Kiefer-Bereich

    Patienten mit Schmerzen und Fehlfunktionen der Kaumuskulatur, der Kiefergelenke und der Zähne leiden deutlich häufiger an einem Tinnitus als Patienten ohne diese sogenannte craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD). Bei Patienten mit Tinnitus aufgrund von CMD besteht in der Regel ein normales Hörvermögen. Diese Tinnitus-Form betrifft überwiegend Frauen, meist jüngeren Alters.

    Emotionale/Psychische Belastung

    Psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen sind Risikofaktoren für die Entwicklung von Ohrgeräuschen. Etwa die Hälfte der an chronischem Tinnitus erkrankten stehen oder standen unter erhöhten Stress.

    Medikamentennebenwirkungen

    Eine Reihe von Medikamenten, die sogenannten ototoxischen Medikamente, rufen Nebenwirkungen hervor, die das Ohr beeinflussen. Dies schädigt nicht nur das Hörvermögen, sondern kann auch einen Tinnitus auslösen. Eine Auswahl dieser Medikamente sind:

    • harntreibende Arzneien (Diuretika)
    • spezielle Antibiotika
    • Chemotherapeutika im Rahmen von Krebsbehandlungen
    • Anti-Malaria-Mittel
    • Acetylsalicylsäure in höheren Dosierungen
    • bestimmte Psychopharmaka

    Andere Ursachen

    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z.B. Herzrhythmusstörungen, zu hoher oder zu niedriger Blutdruck
    • Stoffwechselerkrankungen, z.B. Diabetes oder Nierenfunktionsstörungen
    • Störungen im Hormonhaushalt, z.B. während der Menopause
    • Schädel-Hirn-Traumen
    • Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (z.B. Multiple Sklerose), Hirntumoren, Hirnhautentzündungen
    • Narkosen, insbesondere über das Rückenmark (Spinalanästhesie)
    • Veränderte Druckverhältnisse im Ohr, z.B. durch Tauchgänge oder Flugreisen (Barotrauma bei Unterdruck, Caisson-Krankheit bei Überdruck im Ohr)
    • Alkoholmissbrauch

    Symptome

    Ein Tinnitus kann die unterschiedlichsten Geräusche verursachen, die auch über den Tag variieren können: Ein Pfeifen, Rauschen, Hämmern, Zischen, Summen, Klingeln, Klopfen oder Knarren. Sie treten einzeln oder gemischt auf, dauerhaft oder wechselhaft, an- und abschwellend, mit gleichbleibenden Ton oder schwingend, auf einem oder auf beiden Ohren. Am häufigsten beschreiben Patienten hohe Pieptöne oder ein monotones, tieferes Rauschen. Bei starker Schwerhörigkeit kann es sogar eine Melodie sein. Liegt ein objektiver Tinnitus aufgrund von gefäßbedingten Prozessen vor, hört man die Geräusche im Takt des Pulses.

    Ohrgeräusche werden von dem Patienten auf einem, beiden Ohren oder mittig im Kopf wahrgenommen. Objektiv gemessen sind sie nicht lauter als das Rascheln trockener Blätter, also knapp über der sogenannten Hörschwelle. Das ist die Grenze, ab der jemand individuell einen Ton hören kann.

    Stress, körperliche Überbeanspruchung oder Alkoholgenuss können verstärkend wirken. Manche Menschen nehmen ihr Geräusch aufgrund der Stille besonders in der Nacht wahr und schlafen daher schlecht ein.

    Im Zusammenhang mit einer Schwerhörigkeit wird ein Tinnitus lauter empfunden, da die Geräusche aus der Umwelt nicht mehr ablenkend wirken.

    Schwindel und Hörminderung können mit einem akuten Tinnitus – vor allem im Zuge eines Hörsturzes einhergehen.

    Vor allem in der akuten Phase des Tinnitus reagiert etwa die Hälfte der Betroffenen übermäßig empfindlich auf laute Geräusche in der Umwelt (Hyperakusis). Leise Musik, Stimmengemurmel oder Autoverkehr wirken hingegen angenehm, da sie das innere Geräusch in den Hintergrund drängen.

    Einteilung in Grade

    Ob und wie stark der Betroffene darunter leidet ist stark unterschiedlich. Wichtig sind die Tagesform, wie man mit dem Tinnitus umgeht und in welcher Art der Ton wahrgenommen wird. Für eine Vergleichbarkeit zwischen den vielen individuellen Fällen, haben Mediziner 4 Schweregrade formuliert.:

    Einteilung nach Biesinger et al.

    Grad 1: Der Tinnitus ist gut kompensiert, d.h. es besteht kein Leidensdruck

    Grad 2: Der Tinnitus tritt hauptsächlich bei Stille auf und wirkt störend bei Stress und Belastungen

    Ab Grad 3 spricht man von dekompensierten Tinnitus

    Grad 3: Der Tinnitus führt zu einer dauernden Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Bereich. Es treten Störungen im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich auf.

    Grad 4: Der Tinnitus führt zur völligen Dekompensation im privaten Bereich. Betroffene gelten durch die Belastung als Berufsunfähig.

    Untersuchung / Diagnose

    Die Anamnese, die Krankengeschichte des Patienten ist der erste Schritt. Auf Grundlage dessen kann der HNO schon eine erste Einschätzung zum Schweregrad geben. Eine möglichst genaue Beschreibung der Ohrgeräusche und der begleitenden Symptome erlauben Rückschlüsse auf mögliche Ursachen des Tinnitus. Wie lang der Tinnitus auftritt, wie er wahrgenommen wird und mit welchem Alltagsgeräuschen er möglicherweise verglichen werden kann. Eine möglichst genaue Beschreibung ist bei der Diagnose wichtig. Gab es Unfälle, Operationen am Kopf, Erkrankungen der Ohren oder war der Patient dauerhaft Lärm ausgesetzt? Dies wird alles über einen Fragebogen oder im Gespräch mit dem HNO-Arzt erörtert.

    An das Anamnese-Gespräch schließt eine umfassende HNO-ärztliche Untersuchung an. Diese umfassen i.d.R. eine Otoskopie oder auch Ohrspiegelung genannt, Untersuchung der Nasennebenhöhlen und des Rachens. Wird das Ohrgeräusch als synchron zum Puls beschrieben, wird auch die Halsschlagader abgehört und so ein objektiver Tinnitus erkannt werden.

    Wird ein objektiver Tinnitus ausgeschlossen, kann mit unterschiedlichen Hörtests die Lautstärken-, Frequenz- und Sprachhörfähigkeit des Patienten überprüft werden. Weiter wird mit verschiedenen Messmethoden der Ohrendruck, das Schwingungsverhalten des Trommelfeldes (Reflexmessung), die Funktionsfähigkeit der Gehörknöchelchen (Impedanzmessung/Tympanometrie) sowie des Hörnervs (Messung der Hörnervleitgeschwindigkeit mit Hilfe der Hirnstammaudiometrie, BERA) kontrolliert.

    Die konkrete Tinnitusdiagnostik beinhaltet auch die Messung der Tinnitusstärke (Intensität in dB) in Bezug zur jeweiligen Hörschwelle und die Frequenzcharakteristik (Tonhöhe des Ohrgeräusches in kHz)*. Mit den verschiedenen Untersuchungen wird versucht, den Tinnitus näher zu lokalisieren und zu charakterisieren, um entsprechende Behandlungsverfahren einzuleiten.

    Bei Bedarf wird der HNO-Arzt mit Kollegen aus anderen Bereichen diagnostisch zusammenarbeiten, um z.B. zahnbedingte Ursachen, Fehlstellungen der Halswirbelsäule, internistische Grunderkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) oder psychologische Probleme abklären zu lassen.

    Therapie

    Behandlung akuter Tinnitus

    Ein akuter Tinnitus, der oft mit einer plötzlichen Hörminderung auftritt, sollte wie ein Hörsturz behandelt werden, in aller Regel durch eine Kortisonbehandlung. Außerdem sollten Schädigungen des Hörnervs als mögliche Tinnitus-Ursache ausgeschlossen werden.

    Behandlung chronischer Tinnitus

    Umfassende Aufklärung und Beratung (Counseling)

    Bei einem seit mehreren Monaten (> 3 Monate) andauernden (chronischen) Tinnitus orientiert sich die Therapie am Schweregrad der Belastung und möglicherweise bestehenden Begleiterkrankungen (Komorbiditäten). Das Behandlungsziel besteht vor allem darin, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern und den belastenden Zustand bestmöglich zu kompensieren.

    Eine umfassende Aufklärung und Beratung (Counseling) bilden hierfür die Grundlage. Im Fokus stehen hierbei ggf. in Kombination mit einer psychotherapeutischen Therapie die Veränderung von Denk- und Verhaltensmustern. Tinnitus-Gewöhnung (Habituation), d.h. die Akzeptanz und damit das mögliche „Vergessen“ des Tinnitus sowie das Erlernen von Ablenkungsstrategien, die Förderung von Wohlbefinden, Stressbewältigung, sind das Ziel.

    Hintergrund ist eine Tinnitus-Bewältigungstherapie (TBT). Die TBT geht von einer veränderten Hörwahrnehmung aus, ausgelöst durch einen Veränderungsprozesses von Hörbahnbereichen im Gehirn.

    Psychotherapeutische Intervention

    Bei chronischem Tinnitus ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen eine psychotherapeutische bzw. verhaltenstherapeutische Intervention die am besten untersuchte und daher wissenschaftlich empfohlene Methode der Therapie.

    Stressmanagement/Entspannungstechniken

    Eine ausreichende Entspannung ist in jeder Erkrankungsphase sehr wichtig für Tinnitus-Patienten. Auf diese Weise kann die große Konzentration auf das quälende Geräusch vermindert werden. Mit einer Reihe verschiedener Techniken wird Entspannungsfähigkeit erlernt oder unterstützt. Hierzu gehören: Autogenes Training, Biofeedback sowie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.

    Hörhilfen und Hörtraining

    Besteht ein Hörverlust, so ist eine Hörgeräte-Versorgung wichtig, die sich in der Regel auch günstig auf den Tinnitus auswirkt. Bei einem hochgradigen Hörverlust ist der Einsatz eines Cochlea-Implantats empfohlen. Ergänzend kann eine Hörtherapie, in der hemmende Anteile der Hörwahrnehmung in Bezug auf den Tinnitus gefördert und trainiert werden.

    Tinnitus-Noiser und Tinnitus-Masker

    Der Nutzen eines Rauschgeräts, auch Noiser genannt, oder eines Maskers ist nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Der Tinnitus-Noiser erzeugt ein leises Rauschen, quasi als Gegenton zum Tinnitus. Dadurch ordnet das Gehirn das Tinnitus-Geräusch nach einiger Zeit als unwichtig ein und der Betroffene nimmt es nicht mehr bzw. weniger wahr. Mit dem Masker werden Tinnitus-Geräusche übertönt und können auf diesem Weg gelindert werden. Die Funktionen sind teilweise in Hörgeräten integriert.

    Musiktherapie

    Bei einer Musiktherapie im Rahmen einer Tinnitus-Erkrankung wird das Gehör z.B. mit bewusstem Hören von Klängen neu geschult. Vertraute und geliebte Stücke rufen positive Erinnerungen wach. Das Hörtraining wird durch Variationen dieser Melodien intensiviert. Die ausgewählte Musik sollte auf die Tinnitusfrequenz abgestimmt sein. Die Methode ist wissenschaftlich nicht abschließend belegt, aber sie wirkt in jedem Fall entspannend und ist als unterstützende Behandlung geeignet. Laut einer Untersuchung des Deutschen Zentrums für Musiktherapie zeigte sich, dass bei musiktherapeutisch behandelten Tinnitus-Patienten das Ohrgeräusch nach einem Jahr leiser geworden war und als weniger lästig empfunden wurde.

    Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel & Akupunktur

    Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel können laut der aktuellen Patientenleitlinie den chronischen Tinnitus nicht bessern. Für Akupunktur gibt es auch keinen Nachweis, aber hierdurch können Schmerz- und Verspannungsreaktionen gelindert werden.

    Behandlung objektiver Tinnitus

    Wird ein objektiver Tinnitus diagnostiziert, wird die Krankheit behandelt, die diesen auslöst. Gefäßstörungen oder Gefäßverengungen werden beispielsweise operativ beseitigt. Muskelzuckungen werden beispielsweise mit Medikamenten zur Behandlung epileptischer Anfälle (Antikonvulsia oder Antiepileptika) unterdrückt. Blockaden in der Halswirbelsäule oder des Kiefers werden korrigiert. Diese Behandlungen sorgen in der Regel für ein Abklingen des Ohrsausens.